e t z j a g d . . .  f r ü h e r

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Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass das Jagdreiten früher den Adeligen vorbehalten war.
Es war eine Hetzjagd auf lebendes Wild, die Parforce-Jagd genannt wurde.

Die Bezeichnung deutet es schon an:
die Parforce-Jagd kommt aus Frankreich.
Par Force, mit Gewalt, wird geritten und gejagt, und dieses Erleben muss so ein Vergnügen sein,
dass große Herren sich für dieses Vergnügen ruiniert haben.
Denn dieser Sport kostete viel Geld.

Rudel von bis zu 400 Hunden zu halten und dazu eine stattliche Anzahl von teilweise 300 speziellen Jagdpferde,
die beide oftmals aus England importiert wurden, verschlang Unmengen an Geld.
Clemens August von Bayern, Kurfürst von Köln und Fürstbischof von Münster, Paderborn, Osnabrück und Hildesheim,
war so ein feiner Herr, der seiner Leidenschaft alles opferte.

Um seiner Jagd in angemessenem Ambiente frönen zu können,
ließ er unter anderem das Jagdschloss Clemenswerth im Emsland errichten,
ein architektonisches Juwel, sternförmig angelegt, in dem auch einige große Gemälde hängen,
die ihn bei der Parforcejagd zeigen.
Der Fürst war immer vorne mit dabei,
ließ stets die besten Hunde und Pferde kaufen und amüsierte sich 16 mal in Clemenswerth für jeweils 4 Wochen.

Man kann sich heute kaum noch vorstellen, welcher Aufwand dafür getrieben werden musste.
Um das Personal, die Pferde, Hunde und Gäste von Bonn ins Emsland zu bringen,
mussten die Bauern in großem Umfang Spanndienste leisten - nur ungern, denn es war ja Erntezeit.

Im Jahre 1732 standen zum Beispiel auf 5 Relaisstationen jeweils 313 Pferde bereit,
so dass 1565 Pferde zum Einsatz kamen.
Der Kurfürst fuhr in einer Kutsche achtspännig, aber auch für ihn war es keine Spazierfahrt,
denn die Wege waren schlecht und bei Regen leicht unpassierbar.

Einer Parforce-Jagdgesellschaft gehörten etwa 30 Personen an, von denen erwartet wurde,
dass sie "dreist reiten können und alles, was zu dieser Jagd gehört, wissen".

Es ist überliefert, dass sich Clemens August über die Reitkünste seiner adligen Begleiter und Gäste oftmals so äußerte:
Es gibt hier genug Liebhaber von dieser Jagd, wenig aber, die sich lernen, den Hunden zu folgen,
daher bleiben sie meistens auf dem Kommisari-Weg stehen,
ihr Glück erwartend,
ob sie etwas von der Jagd zu sehen bekommen."

Clemens August selbst ritt natürlich, man vermutet es nach dieser Äußerung, äußerst schneidig.
Man jagte vornehmlich Hirsche, die von der Meute so lange gehetzt wurden, bis sie erschöpft stehen blieben.
Die Jäger mussten der Meute folgen, egal wohin der Hirsch lief.
Der Jagdherr hatte dann das Privileg, das völlig erschöpfte Tier zu töten, indem er ihm entweder zu Fuß den
Fangstoß gab oder es mit der Büchse erschoss.

Bei dieser Querfeldeinjagd über Stock und Stein litten natürlich oft die Felder der Bauern.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Jagdreiter dann zu Schadenersatz für Flurschaden verpflichtet,
der aber natürlich beweispflichtig eingeklagt werden musste.
Das heißt, dass der Bauer die Reiter erkannt haben und namentlich benennen musste.
Keine leichte Aufgabe bei dem Tempo der Jagd.

Die Kriege in diesem Jahrhundert brachten die Parforce-Jagdgesellschaften zum Erliegen.
Aber schon 1924 wurde durch Angehörige des "15. Preuß. Reiter-Regiments" der Senne Parforcejagd-Verein in Paderborn gegründet.

Das Militär hat also die Tradition vom Adel übernommen - was nicht ganz richtig ist,
denn der Adel war natürlich weitgehend identisch mit der Militärführung.
Die Bezeichnung Dragoner Meute weist auf diesen Zusammenhang noch hin.

Diese Tatsache ist allerdings schon wieder in Vergessenheit geraten.
Ich habe sie aus dem Buch Stoffregen-Büller: Westfalen - Land der Pferde,
das meine Gesprächspartner auch besaßen - diese Details waren ihnen jedoch entgangen.
Man war allgemein der Meinung, seit dem 1. Weltkrieg gäbe es erst seit etwa 20, 25 Jahren wieder Meuten.

Die ersten Hunde importierte man - natürlich - aus England.
Beratend bei der Auswahl der Hunde und Pferde stand dem jungen Verein dabei der
inzwischen 80-jährige Engländer Andrew Tate zur Seite.
Mr. Tate wurde 60 Jahre vorher vom Herzog von Nassau nach Deutschland abgeworben,
um ihm bei der Beschaffung und Betreuung von Jagdpferden und -hunden zu helfen.
Denn längst war England tonangebend bei der Parforcejagd.

Im Senne Parforcejagd-Verein ritt man dienstags und freitags hinter der Meute
von 42 Hunden auf Schwarzwild und den sogenannten "Kastenfuchs".
Dieser wurde in der Wildbahn gefangen und dann am Jagdtag aus einem Kasten wieder ausgesetzt.

12 Jahre später wurde mit dem Erlass des Reichsjagdgesetzes im Juli 1936 die Jagd auf lebendes
Wild in Deutschland verboten.
In England ist die Hetzjagd zu Pferde auf den Fuchs allerdings heute noch erlaubt.
Dort ist es immer noch Tradition, die Jagdneulinge mit dem Blut des erlegten
Fuchses auf der Stirn zu kennzeichnen und somit einzuweihen.
Die Abschaffung dieser blutigen Jagd ist - hoffentlich! - auch nur noch eine Frage von kurzer Zeit.